Tauschgeschäfte

 

Wie nimmt man seinem selbstbewussten Hund, dem man zwar absolut vertraut, eine falsche „Beute“ aus dem Rachen, in dem sich 42 Zähne inklusive vier Fangzähne befinden, die gut und gern drei Zentimeter lang sind und bereits tief in ein Objekt der Begierde eingedrungen sind?

 

Wie vermeidet man eine „Rangelei“ mit ihm, bei der man unter Umständen sein Vertrauen zerstört, ihn eventuell futterneidisch werden lässt und bei der man ohnedies den Kürzeren ziehen würde?

 

Natürlich wussten wir, ich aus früheren Zeiten und Melli aus anderen Quellen, dass es dafür nur ein einziges Zauberwort gibt:

 

Tauschen.

 

Wir haben zu diesem Thema mit Janosch mehrfach unsere Erfahrungen machen können. „Schau mal, was unser Hund heute angeschleppt hat“, begrüßte mich Melli eines Tages, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Was war das? Da lag, etwa 20 Zentimeter lang, ein Bein eines Rehs vor mir. „Er ließ sich das nicht mehr wegnehmen“, sagte meine Frau, und ich wusste, dass sie Recht hatte. Beim Ausführen hatte sie natürlich kein geeignetes Tauschobjekt für ihn dabei gehabt. Wie auch, auf normale Hundeleckereien hätte er sowieso nicht reagiert. Und einen halben Ring Fleischwurst schleppt man nicht einfach so zwei Stunden mit in der Gegend herum. Einige Monate später, Melli kam mit Janosch eben aus dem Feld, rief sie bereits an der Haustür: „Er hat etwas im Maul. Nimm ihm das mal schnell weg.“ Was hing da auf beiden Seiten aus seinem Fang? Eine gewaltige, mindestens ein Kilogramm schwere, Speckschwarte. Zum Glück war sie dermaßen groß, dass selbst er sie nicht unterwegs einfach verschlingen konnte. Wer wirft so etwas in die Gegend? Jäger? Hundehasser? Wir wussten nicht, ob es sich dabei vielleicht um einen Giftköder handelte. Eile war geboten. Ich ging zum Kühlschrank, holte ein gutes Stück von unserer Fleischwurst, seinem Lieblingstauschobjekt, bot sie Janosch an - er schnappte nach ihr, die Schwarte ließ er fallen. Das Tauschgeschäft war zu unserer aller Zufriedenheit vollzogen.

 

Das nächste Mal, wir waren mit dem Hund bei Freunden zu Besuch. Der Tisch wurde gedeckt, das Abendessen stand an und Janosch wirkte unbeteiligt. „Er hat die Leberwurst im Maul“, hörte ich plötzlich einen besorgten Ausruf von Melli. „Nun, die Wurst zu klauen ist zwar nicht korrekt von ihm, aber warum macht meine Frau einen solchen Aufstand deswegen? Ein Stück Leberwurst hat noch keinem Hund geschadet, und es ist doch nicht das erste Mal, dass er etwas Derartiges tut“, dachte ich mir, ging aber der Sache auf den Grund und verstand nun auch ihre Aufregung. Leberwurst war es schon, die er sich da schnell geschnappt hatte, aber nicht eine im Darm, wie ich angenommen hatte, sondern diese befand sich in einer kleinen Hartplastikdose. Die trug Janosch schräg im Maul, der Deckel und der Boden der Dose waren bereits durchgebissen. Er hatte seine Fangzähne in die Dose geschlagen und schien fest entschlossen, sie auf keinen Fall herzugeben. Im Gegenteil, er vermittelte mir den Eindruck, als wolle er sie komplett zerkauen und schlucken.  .......

 

 

 

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